Rückblick auf das Nachbarschaftsfest 2015

Stuttgarter Nachrichten, 11.09.2015

Inzwischen wie eine Familie

Sascha Maier, 11.09.2015 17:00 Uhr

Helfer, Asylbewerber und Nachbarn feiern seit Jahren gemeinsam ein Sommerfest. In Anbetracht der voll belegten Unterkunft war es in Heumaden diesmal so groß wie selten zuvor.

media.media.7d03f8d3-6bae-4277-addb-715f874da1f2.normalized

 

 

 

 

 

 

Diana Dib (links) und Suse Baur haben sich im Flüchtlingsheim Heumaden kennen und schätzen gelernt. Foto: Lg/Zweygarth

Sie halten sich im Arm wie Oma und Enkelin. Hätte Diana Dib nicht pechschwarzes Haar und einen dunklen Teint, wäre Suse Baur nicht unverkennbar Mitteleuropäerin, man würde nicht merken, dass sie keine Familie sind. So liebevoll gehen die junge Syrerin Dib und die Rentnerin Baur miteinander um.

Das Willkommensfest der Flüchtlinge am Donnerstag, das vom Arbeitskreis Flüchtlinge Sillenbuch und von den Bewohnern der Asylunterkunft organisiert wurde, zeigte, dass Hocketse mit arabischer Musik und exotischen Speisen funktionieren kann. „Etwa 150 ehrenamtliche Helfer und Nachbarn haben sich zu den 260 Flüchtlingen aus 26 Ländern gesellt“, sagt Ariane Müller-Ressing, die Vorsitzende des Arbeitskreises.

Viele der Helfer kennen die Flüchtlinge schon lange, weil die Bearbeitung der Asylanträge häufig Jahre dauert. Diana Dib hatte Glück: Sie ist nur zu Besuch da. Die 22-Jährige und ihre Familie aus Damaskus haben ihren Asylantrag mittlerweile genehmigt bekommen, seitdem wohnt sie nicht mehr im Flüchtlingsheim, sondern im Osten der Stadt. „In einer Sozialwohnung“, sagt sie. Zu sechst in einem Zimmer.

Trotzdem ist sie froh, raus zu sein aus dem Flüchtlingsheim. Die 73-Jährige Suse Baur hat ihr dabei geholfen, sich in Stuttgart zurechtzufinden. „Ich wollte helfen, nachdem mein Mann verstorben ist“, sagt sie. Vor etwas über einem Jahr kam sie zum Arbeitskreis Flüchtlinge und lernte Dib kennen.

Bewohner und Anwohner in guter Nachbarschaft

Trotz des großen Altersunterschieds verbindet die beiden heute eine tiefe Freundschaft, „Adoptivnichte“, „Adoptivtante“, nennen sie sich gegenseitig. Ariane Müller-Ressing sieht in dem Duo den Idealfall, wie Integration funktionieren kann – auch wenn sie das Wort Integration gern vermeidet. „Wir sind hier einfach eine Nachbarschaft, und da gehören auch die Flüchtlinge dazu“, sagt sie. Damit sie künftig die Grünflächen ums Flüchtlingsheim herum kultivieren können, wird als Spende Gartenwerkzeug übergeben. Ein Skateboard-Parcours, Kinderschminken, Essen, Trinken, das wirkt so normal, dass man fast die schlimmen Erlebnisse vergisst, die die Flüchtlinge auf ihrer Odyssee hinter sich haben, wie eine Besucherin bemerkt.

Auch Dib ist vorm Krieg geflohen, ihre Familie, die einst wohlhabend und angesehen war, hat alles verloren. Nun will sich die junge Frau ein neues Leben aufbauen und an einer Fachhochschule studieren, vielleicht Marketing. Die Voraussetzungen und Sprachkenntnisse dazu hätte sie.

Ehrgeiz und der unbedingte Wille, niemals aufzugeben, sind die Eigenschaften, die Baur besonders an ihrer „Adoptivnichte“ schätzt. Und umgekehrt: „Sie ist so unglaublich lieb – und sie ist wunderschön!“, sagt Dib.

Dankbar ist Dib für alles, was Baur ihr gezeigt hat. Die beiden gehen zusammen ins Kino, unternehmen Ausflüge in die Natur, sogar in die Oper hat Baur die Syrerin ein Mal mitgenommen. Da kommt Dib nicht drumherum, etwas mit den Augen zu rollen. Diese leuchten aber sofort wieder, als es ums Essen geht. „Meine Adoptivtante macht mir oft leckere Spaghetti“, sagt Dib. An Syrien denke sie immer seltener.

Dass sie ihr Herkunftsland nicht ganz vergessen kann, hat ein gemeinsamer Zoobesuch gezeigt. Erst ärgerte sich die junge Frau, dass sie kaum Tiere zu sehen bekommt – in Damaskus seien die Gehege voll mit Tieren. Dann denkt sie an ihre Wohnung. Die Tiere tun ihr leid. Auch Dib hätte gerne ein eigenes Zimmer.

In den frühen Morgenstunden sind am Donnerstag erneut 136 weitere Flüchtlinge mit Zügen aus München in Stuttgart gestrandet. Sie haben um Asyl ersucht. Die Flüchtlinge sollen nun in die Landeserstaufnahmestelle nach Karlsruhe gebracht werden.

 

Stuttgarter Wochenblatt, 16.09.2015

Nachbarschaftsfest war ein Publikumsmagnet

Рисунок1Рисунок2

 

Stuttgarter Zeitung, Blick vom Fernsehturm, 12.09.2015

Aus Fremden werden Freunde

Von Julia Schuster 14. September 2015 – 00:00 Uhr

Syrien, Afghanistan, Kamerun, Albanien oder Irak – beim Nachbarschaftsfest des Asylwohnheims Heumaden trafen die unterschiedlichsten Kulturen aufeinander. Gemeinsam mit den Nachbarn kam es zur interkulturellen Annäherung.

media.media.8edc5333-7007-476d-8ee0-c2285725549b.normalized

 

 

 

 

 

 

Der Nachbar Karsten Hoffmann (Mitte) unterhält sich mit den Flüchtlingen Silas Dingoke (l.) und Marko Kengne (r.) aus Kamerun über deren Zukunft in Deutschland. Foto: Julia Schuster

In sechs Sprachen hat der Arbeitskreis Flüchtlinge Heumaden-Sillenbuch am vergangenen Donnerstag die Gäste des Nachbarschaftsfests willkommen geheißen. Auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Persisch begrüßten die ehrenamtlichen Helfer die Nachbarn und Flüchtlinge auf dem Gelände des Wohnheims an der Kirchheimer Straße. „Ein Ehrenamtlicher, der Arabisch spricht, fehlt uns noch“, sagt Ariane Müller-Ressing, die sich seit 28 Jahren in der Flüchtlingshilfe engagiert.

Ehrenamtliche kümmern sich um 260 Flüchtlinge

Über Grenzen hinweg Freundschaften schließen – unter diesem Motto stand das Fest. Gemeinsam mit den Bewohnern des Flüchtlingswohnheims hatten die Ehrenamtlichen alle Nachbarn eingeladen. 300 sind gekommen.

Der Arbeitskreis kümmert sich seit 22 Jahren um Flüchtlinge. Momentan unterstützen 45 Ehrenamtliche regelmäßig die Asylheimbewohner. Sie bieten Sprachunterricht und Hausaufgabenbetreuung, halten Sportkurse oder helfen bei Behörden- und Arztbesuchen. Derzeit sind an der Kirchheimer Straße 260 Flüchtlinge untergebracht. Sie stammen aus 26 Nationen, darunter vor allem aus Syrien, Afghanistan, den Balkanstaaten und aus dem Irak.

Hemmschwellen abbauen

„Für die Bewohner ist es eine Wertschätzung, dass wir heute mit ihnen feiern“, sagt Müller-Ressing. Ziel des Nachbarschaftsfests sei es, unterschiedliche Menschen zusammenzubringen und interkulturelle Hürden abzubauen. „Viele Menschen haben eine Hemmschwelle, wenn es um den Kontakt mit Bewohnern des Asylheims geht. Wenn man diese aber überwunden hat, kann man wunderbare Begegnungen haben“, sagt die Sillenbucherin.

Besonders freut die Müller-Ressing, dass so viele Nachbarn gekommen sind, um sich zu informieren. „Hier geht es um das Miteinander.“ Seit August erleben die Bewohner des Flüchtlingswohnheims und der zugehörige Arbeitskreis eine Welle an Hilfsbereitschaft. „In den vergangenen fünf Wochen hatten wir 100 Anfragen von Menschen, die helfen wollen“, sagt Müller-Ressing.

Flüchtlinge an die Hand nehmen

Einige davon sind beim Nachbarschaftsfest erschienen, um mit den Flüchtlingen Kontakt zu knüpfen. Felix Brucklacher aus Stuttgart-Süd ist mit seiner Familie gekommen. „Ich finde es wichtig, dass man die Flüchtlinge nicht ihrem Schicksal überlässt, sondern sie an die Hand nimmt“, sagt er. Viele der Flüchtlinge freuen sich über die große Resonanz. Da sind zum Beispiel Marko Kengne und Silas Dingoke. Die beiden kommen aus Kamerun. Sie unterhalten sich mit Karsten Hoffmann aus Sillenbuch über ihre mögliche Zukunft in Deutschland. „Wir mögen den Austausch mit den Nachbarn sehr. Die Leute interessieren sich für uns“, sagt Dingoke und Kengne ergänzt: „Man spürt die Liebe.“

 

WILIH, 16.09.2015

Fest des fröhlichen Miteinanders

IMG_0049

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Leiterin der Garten-AG Yicel Jimenez freute sich über die Spenden der Lokalen Agenda-Gruppe.

Auf dem Gelände des Heumadener Flüchtlingsdorfes fand am 10.September ein „Nachbarschaftsfest“ statt, zu dem der Arbeitskreis Flüchtlinge die Nachbarn aus der näheren und weiteren Umgebung eingeladen hatte. Dank eines attraktiven Programms voller Unterhaltungs- und Mitmachangebote sowie kulinarische Spezialitäten aus den Herkunftsländern der Flüchtlinge entstand sofort ein fröhliches Miteinander. Das herrliche Spätsommerwetter tat ein Übriges, um die gute Stimmung und Kontakte zu fördern.

Gartengeräte gespendet

Mit einer mehrsprachigen Begrüßung der Gäste gaben Ariane Müller-Ressing, die Leiterin des Arbeitskreises, und ihr Team das Startsignal für das gut besuchte Fest. Die Sillenbucherin Müller-Ressing verkörpert wie kein anderer den Arbeitskreis Flüchtlinge Heumaden-Sillenbuch. Diese private Bürgerinitiative fördert schon seit 1992 das gegenseitige Verständnis zwischen Einheimischen und Fremden und bietet vielseitige Integrationshilfe. Der Arbeitskreis leistete und leistet durch sein ehrenamtliches Engagement einen wertvollen Beitrag zum friedlichen Miteinander von Deutschen und Ausländern im Stadtbezirk Sillenbuch.

Dass diese Leistung auch bei anderen Organisationen und den Bürgern Anklang und Unterstützung findet, durften das Team des Arbeitskreises und die Flüchtlinge anlässlich des Nachbarschaftsfestes wieder eindrücklich erfahren. So war Ariane Müller-Ressing außer sich vor Freude über die zahlreichen Hilfsangebote aus der Bürgerschaft oder die großzügigen Spendenangebote von Nachbarn. Und die Lokale Agenda hatte im Vorfeld des Festes über einen Aufruf in WILIH so viele Gartengeräte gesammelt, dass aus Platzgründen erst einmal nur ein Drittel am 10.September an die Garten-AG des Flüchtlingsdorfes übergeben wurde. Chef-Spendensammler Volker Rute brachte bei der Übergabe seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich mit Hilfe der Geräte beim Flüchtlingsdorf ein „Friedensgarten“ kultivieren lässt. Damit nicht genug: Die Lokale Agenda legte auch noch eine 200 Euro-Spende obendrauf.

WILIH Fotoschau online: hier