von Sybille M.-P.
Meine Arbeit mit Kindern im Flüchtlingsdorf Heumaden begann mit dem Schuljahr 2009/2010.
Wie kam ich dazu?
Ich suchte eine Aufgabe und mir wurde gesagt, dort werden Helfer gebraucht.
Also fing ich an in der Hausaufgabenhilfe.
Ich hatte Kinder vor mir im Alter von 6 bis 16 Jahren: stille, schüchterne, unruhige, laute, willige – aber nicht könnende Kinder.
Das Spektrum, das mir entgegentrat, konnte vielfältiger und gegensätzlicher nicht sein.
Ich mühte mich. Und fragte mich irgendwann, warum bin ich ausgerechnet hier?
Da stand es plötzlich vor meinen Augen:
Auch ich war vor vielen Jahrzehnten wie diese Kinder, nämlich ein Flüchtlingskind, ein dreijähriges Flüchtlingskind. Fremd – fremd in Deutschland. Es wurde uns deutlich gezeigt, wie wenig willkommen wir waren.
Und dann waren da auch Menschen, die halfen. Ein Schulkamerad bemerkte, dass ich zur Einschulung in die 1. Klasse nur mit einem Blatt Papier und einem Griffelkasten kam. Er nahm mich mit zu seinen Eltern und rief: „Mutter haben wir für Sybille einen Schulranzen?“ Sie hatten.
Sehe ich die jetzt hier ankommenden Menschen, die noch fremder sind, als wir es waren, brechen alte Wunden auf.
Wir, die „vergessene Generation“, wie Sabine Bode uns nennt, sehen uns konfrontiert mit nicht Verarbeitetem. Doch auch Nicht-Flüchtlingskinder werden mit dieser Zeit ihrer Kindheit konfrontiert.
Es ist gut, nach so langer Zeit ins Gespräch zu kommen.
Was war damals passiert?
Alles, was fremd ist, ängstigt. Können wir es mit diesen neuen Fremden besser schaffen?
Müssen wir vielleicht umdenken?
Sollen wir etwas entwickeln, was uns Menschen fehlt?